Bügelbaum und Lüttenweihnacht – Weihnachtstraditionen auf Rügen

Die Weihnachtszeit gilt für viele als die schönste Zeit des Jahres. Überall brennen Kerzen, es werden Lieder gesungen und Geschenke gekauft, aber woher kommen diese Traditionen? Und welche Bräuche gibt es so nur auf Rügen? Wir haben Antworten.

Wieso stellen wir uns eigentlich einen Weihnachtsbaum ins Haus? Wir wollen dieser und noch vielen anderen Bräuchen auf den Grund gehen. Aber Tradition ist nicht gleich Tradition, habt ihr euch zum Beispiel mal gefragt, wie so ein typisches Weihnachtsfest auf Rügen aussieht? Nicht überall in Deutschland gibt es nämlich dieselben Bräuche. Schonmal von einem Bügelbaum gehört? Nein? Dann solltet ihr unbedingt weiterlesen.

Das erfahrt ihr in diesem Beitrag:

Warum eigentlich ein Weihnachtsbaum?

Eine Theorie ist, dass die Geschichte des Weihnachtsbaumes nicht in der Bibel beginnt, sondern im Koran. Maria bzw. „Maryam“ war schwanger und habe sich an einer Palme gestützt. Dort habe sie dann Isa, Arabisch für Jesus, zur Welt gebracht.

Eine andere Theorie besagt, dass der Weihnachtsbaum mit Adam und Eva verbunden wird. Hier kommt der Paradiesbaum ins Spiel. Der Paradiesbaum musste aber immergrün sein, deshalb wurde der Weihnachtsbaum ein Nadelbaum. Der Nadelbaum soll im Laufe der Zeit Teil der Weihnachtsgeschichte geworden sein.

Welche Geschichte nun stimmt, das weiß man nicht. 535 hat man angeblich Eiben verkauft, die ein Vorläufer des heutigen Weihnachtsbaumes sein könnten. Die Eiben waren allerdings nicht geschmückt. 1419 wurde zum ersten Mal ein geschmückter Baum erwähnt.

Mit der Zeit wurde der Weihnachtsbaum dann mit Äpfeln, Nüssen und Datteln geschmückt und aufgestellt. Heute sind es meist Weihnachtskugeln und auch der eine oder andere Schokoweihnachtsmann, die in unseren Tannen baumeln.

Glühwein findet sich wohl auf jedem Weihnachtsmarkt. © Shutterstock, Angela Kotsell
Beliebte Tradition: Glühwein verbinden wir oft mit Weihnachtsmärkten. © Shutterstock, Angela Kotsell

Woher kommen Weihnachtsmärkte?

Schon vor über 600 Jahren sind die Menschen auf Weihnachtsmärkte gegangen. Der Bautzener Wenzelsmarkt soll zum Beispiel schon 1384 stattgefunden haben. Während man heute allerdings den Weihnachtsmarkt besucht, um sich mit Glühwein aufzuwärmen und gebrannte Mandeln zu essen, hatte der Markt damals eher praktische Zwecke. Man hat dort vor allem Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände gekauft, um sich auf den anstehenden Winter und das Weihnachtsfest vorzubereiten.

Mit der Zeit erhielten dann auch Handwerker wie Korbflechter, Schuster und sogar Spielzeugmacher das Recht, ihre Ware dort zu verkaufen. Ein wenig haben die damaligen Weihnachtsmärkte dann aber doch der Unterhaltung gedient, so sind ab und zu Musikanten über den Markt gefahren und haben für eine fröhliche Stimmung gesorgt.

Mit der Zeit wurde das Weihnachtsfest immer mehr zu einem bürgerlichen Familienfest, und so haben sich auch die Weihnachtsmärkte verändert. An den Ständen hat man immer mehr Speisen und Spielzeug gefunden und aus dem Versorgungsmarkt wurde langsam ein Ort des geselligen Beisammenseins.

Zwar wurden Weihnachtsmärkte während des zweiten Weltkrieges zum heidnischen Winterfest umgedeutet, seit den 1960er Jahren sind sie aber wieder populärer denn je. Allein in Deutschland gibt es heute jedes Jahr mehr als 2500 Weihnachtsmärkte.

Wie kommt es, dass wir uns zu Weihnachten etwas schenken? © Shutterstock, White bear studio
Anderen mit einem Geschenk eine Freude zu bereiten, ist eine schöne Weihnachtstradition. © Shutterstock, White bear studio

Wieso beschenken wir uns zu Weihnachten?

Weihnachtsgeschenke gehören zum stressigen Teil der ansonsten so schönen Zeit. Besonders für diejenigen, die einen Tag vor der Bescherung durch die Stadt hetzen, um die letzten Geschenke zu besorgen. Aber woher kommt die Tradition?

Schon vor der Einführung des Handels hat man sich beschenkt. Man nutzte Geschenke damals schon, um seine Zuneigung und Freundschaft auszudrücken.

Ein Blick in die Bibel zeigt, dass man auch Göttern Opfer gebracht hat. Sei es, um sich vor Unheil zu beschützen oder einfach, um sich für die reiche Ernte zu bedanken. Im Christentum stehen Weihnachtsgeschenke für die Dankbarkeit für die Geburt Jesus’.

Selbst wenn heute nicht mehr nur der christliche Glaube im Vordergrund steht, wenn wir in die Einkaufsläden strömen, dann geht es doch immer um ein Zeichen der Verbundenheit und darum, unseren Liebsten unsere Zuneigung zu zeigen.

Woher kommt der Glaube an den Weihnachtsmann?

Der Weihnachtsmann ist ursprünglich ein Mix aus dem Nikolaus und seinem Helfer. Mit der Zeit bekam der Weihnachtsmann immer mehr Eigenschaften. Einen Weihnachtsmann ohne dicke Stiefel und weißen Vollbart kann man sich gar nicht mehr vorstellen. Den roten Mantel hat die Firma Coca Cola erfunden.

Entenbraten gehört zu den beliebtesten Weihnachtsgerichten. © Shutterstock, KarepaStock
Das Planung des Weihnachtsessens spielt in der Adventszeit eine wichtige Rolle. © Shutterstock, KarepaStock

Das Festtagsessen

Heutzutage hauen wir uns schon während der Adventszeit die Bäuche mit Keksen und gebrannten Mandeln voll. Aber habt ihr gewusst, dass die Weihnachtszeit früher eher eine Zeit der Buße und des Fastens war? Sie endete dann mit einem großen Festmenü im Kreis der Familie. Auch heute noch darf in den meisten Familien das große Festmahl nicht fehlen.

Überall auf der Welt kommen andere Weihnachtsgerichte auf den Tisch, denn die Geschmäcker unterscheiden sich schließlich. Es gibt allerdings einige Gerichte, die besonders häufig vertreten sind.

Karpfen blau

Karpfen blau, auch Weihnachtskarpfen genannt, ist seit dem Mittelalter ein beliebtes Weihnachtsgericht. Man bläut den Fisch mit Essig und sottet ihn dann in Salzwasser, dem außerdem Gewürze beigefügt werden. Dazu gibt es selbstgemachte Meerrettichcreme und Petersilienkartoffeln.

Kartoffelsalat und Würstchen

Allseits beliebt ist Kartoffelsalat mit Würstchen. Da er meistens schon am Vortag vorbereitet wird, muss Heiligabend kaum noch in der Küche geschuftet werden. So ist für andere Dinge Zeit. Kartoffelsalat ist einfach und lecker gleichermaßen. Das ist auch der Grund, warum an Heiligabend viele Familien ihren Kartoffelsalat mit Würstchen genießen.

Gänsebraten

Den Gänsebraten kennt wohl jeder. Kein Wunder, denn er zählt ebenfalls zu den beliebtesten Weihnachtsgerichten. Schon 1600 hat man ihn Großbritannien gerne gegessen. Damit er noch besser schmeckt, wird der Braten gerne gefüllt und mit Rotkohl und Klößen oder Knödeln als Beilage gegessen. Robert Schindler, unser Spitzenkoch aus der Genusswerkstatt by Robert Schindler im Rugard Thermal Strandhotel, hat uns übrigens das traditionelle Rotkohlrezept von seiner Oma Anita verraten. So könnt ihr es nachkochen.

Entenbraten

Genauso beliebt wie die Weihnachtsgans, aber dafür etwas leichter, ist der Entenbraten. Genau wie der Gänsebraten wird oft auch der Entenbraten gefüllt und zusammen mit Orangen- oder auch Kirschsauce gegessen. Einige Familien wechseln Entenbraten und Gänsebraten in aufeinanderfolgenden Jahren ab.

Adventskalender versüßen uns die Zeit des Wartens auf Weihnachten. © Shutterstock, Nina Esk
Adventskalender gibt es in allen möglichen Farben und Formen. © Shutterstock, Nina Esk

Woher kommt eigentlich die Tradition des Adventskalenders?

Das Warten auf das Weihnachtsfest kann sich manchmal ganz schön in die Länge ziehen. Vor allem für Kinder. Wie gut, dass es den Adventskalender gibt, um das Warten ein wenig zu erleichtern. Zwar kostet es trotzdem viel Geduld, Türchen für Türchen oder auch Geschenk für Geschenk zu öffnen, aber ein bisschen Abhilfe schafft das Ganze dann doch! Aber woher kommt die Tradition des Adventskalenders?

Der Adventskalender entstand ungefähr in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Zweck des Adventskalenders war, sich auf Heiligabend einzustimmen. Der Adventskalender hatte aber zuerst einige Vorläufer. In der katholischen Kirche fanden beispielsweise tägliche Adventsandachten in der Kirche statt. Es wurden Bibelstellen vorgelesen, Verse aufgesagt, gemeinsam gebetet und Lieder gesungen.

Um 1840 haben Eltern angefangen, sich verschiedene Möglichkeiten auszudenken, um ihren Kindern die Zeit vor Heiligabend greifbar zu machen. Die Kinder sollten nicht nur das Weihnachtsfest, sondern auch die Zeit davor zu schätzen wissen.

Von Bildern über Striche bis hin zu Strümpfen

Man hat dann zum Beispiel 24 Bilder mit weihnachtlichen Motiven an Fenstern und Türen aufgehängt. In anderen Familie hat man 24 Striche und am Sonntag einen längeren oder farbigen Strich an Schranktüren gemalt. An jedem Tag durften die Kinder dann einen Strich wegwischen. So hat man ihnen die Zeit des Wartens auf das Weihnachtsfest erleichtert. Woanders wiederum durften Kinder für ihre guten Taten täglich eine Feder in die Krippe legen, damit das Jesuskind es warm und gemütlich hat.

Mit der Zeit ist unsere Gesellschaft natürlich viel materialistischer geworden, sodass sich die Kleinen heute wohl kaum noch mit den alten Bräuchen zufrieden geben würden. Das Prinzip ist aber das Gleiche geblieben. Eltern setzen alles daran, um auch die Vorweihnachtszeit schon zu etwas Besonderem zu machen und das Warten auf den 24. Dezember zu erleichtern.

Ein Spaß für Groß und Klein: Den Wunschzettel an den Weihnachtsmann abschicken. © Shutterstock, Ostanina Anna
Wunschzettel kann man nicht nur schreiben, sondern auch tatsächlich abschicken. © Shutterstock, Ostanina Anna

Wohin mit dem Wunschzettel?

Wir alle haben es früher geliebt, einen utopisch langen Wunschzettel zu schreiben und ihn dort hinzulegen, wo ihn der Weihnachtsmann ganz bestimmt findet, wenn er ihn abholt. Andere wiederum haben den Zettel losgeschickt. Wo er dann wirklich gelandet ist, das wurde unserer Fantasie überlassen. Diese Fantasie kann man heutzutage sogar noch ein bisschen greifbarer machen. Habt ihr nämlich gewusst, dass es offizielle Adressen gibt, an die Kinder ihre Wunschzettel schicken können? Sieben Weihnachtsmann- und Nikolaus-Postämter gibt es in Deutschland. Das Besondere daran: Es gibt sogar eine Antwort. Achtet dafür einfach darauf, dass ihr den Zettel früh genug losschickt und eure Absenderadresse gut lesbar auf den Umschlag schreibt.

Dies sind die Anschriften der sieben Postämter:

  • An den Nikolaus
    49681 Nikolausdorf
  • An den Nikolaus
    Nikolausplatz
    66351 St. Nikolaus
  • An den Weihnachtsmann
    Weihnachtspostfiliale
    16798 Himmelpfort
  • An den Weihnachtsmann
    Himmelsthür
    31137 Hildesheim
  • An das Christkind
    51777 Engelskirchen
  • An das Christkind
    21709 Himmelpforten
  • An das Christkind
    97267 Himmelstadt

Welche Bräuche sind typisch für Rügen?

Rügenurlaub nur im Sommer? Die Ostseeinsel hat nicht nur wunderschöne Strände zu bieten, sondern auch die eine oder andere Tradition, die ihr so nur im Winter, genauer gesagt in der Weihnachtszeit, erleben könnt.

Der Bügelbaum

Der Bügelbaum ist eine ganz besondere Form des Weihnachtsbaumes, die es so nur auf Rügen gibt. Wenn ihr denkt, dass er irgendetwas mit einem Bügelbrett zu tun habt, liegt ihr falsch. Vielmehr handelt es sich bei dem Bügelbaum um einen Stamm aus Holz, an den Querstäbe angebracht werden. Das Baumgerüst wird dann mit Zweigen von Buchsbaum und Stechpalmen und mit Äpfeln, Nüssen, Kerzen und allerlei Süßem geschmückt.

Seit dem 16. Jahrhundert stellt man den Bügelbaum auf der Insel auf, ihr könnt damit also eine ziemlich alte Tradition erleben. Entstanden ist sie, weil Nadelbäume damals auf der Insel ziemlich rar waren.

Der Bügelbaum eignet sich auch hervorragend zum Basteln für alle, die zur Weihnachtszeit Urlaub mit Kindern auf Rügen machen.

Weihnachtsessen auf Rügen

Bevor es an den gedeckten Tisch geht, müssen sich die Rüganer noch etwas gedulden. Zuerst wird nämlich gemeinsam der Baum geschmückt. Viele gehen danach zur Weihnachtsmesse in die Kirche.

Danach wird endlich gegessen, und zwar zu Hause im Kreis der Familie, meist noch vor der Bescherung. Traditionell gibt es auf Rügen Karpfen. Zwar wird auch gerne Weihnachtsgans oder -ente gegessen, allerdings meistens erst am zweiten oder dritten Weihnachtsfeiertag. Serviert wird er mit Rotkohl und Kartoffeln. Besonders an der Rügener Weihnachtsgans ist außerdem die Füllung, die neben Äpfeln und Backpflaumen auch Schwarzbrot enthält.

Einige Bewohner Rügens verzichten zu Weihnachten auch ganz bewusst auf ein reichhaltiges Festmahl und entscheiden sich stattdessen für Kartoffelsalat und Würstchen. Sie wollen damit daran erinnern, dass Heiligabend mal ein Arbeitstag war und viele Menschen damals noch unter deutlich schlechteren Umständen gelebt haben.

In diesem Beitrag erfahrt ihr mehr über die regionalen Spezialitäten Rügens.

Weihnachtsgeschichten und -lieder

Weihnachtslieder dürfen auf Rügen nicht fehlen. Das Besondere: Auf der Ostseeinsel werden die Lieder „op platt“, also auf Plattdeutsch gesungen. Die Weihnachtslieder, die uns allen bekannt sind, sind dann höchstens noch an der Melodie wiederzuerkennen.

Natürlich dürfen auch Weihnachtsgeschichten nicht fehlen. Auch die gibt es in dem einen oder anderen Buchhandel auf Plattdeutsch zu kaufen. Ein allseits beliebtes Rügener Kinderbuch ist „Rügens weihnachtsmüder Weihnachtsmann“.

Typisch Rügen: Lüttenweihnacht bedeutet, dass Bäume für Tiere mit Futter geschmückt werden. © Shutterstock, Garijs Polskis
Lüttenweihnacht: Bei dieser Weihnachtstradition werden Bäume für Tiere mit Futter „geschmückt“. © Shutterstock, Garijs Polskis

Die Lüttenweihnacht

Die Lüttenweihnacht ist eine Tradition für die Tiere, und zwar für alle Haus- Nutz- und Wildtiere. Seit dem 17. Jahrhundert werden in der Adventszeit Bäume mit Futter geschmückt, damit sich auch die Tiere an der schönen Zeit erfreuen können. Heute könnt ihr dieses Fest zum Beispiel im Granitzhaus im Biosphärenreservat live miterleben und dabei helfen, Futtertöpfchen herzustellen und die Bäume mit Karotten und Äpfeln zu schmücken.

Die Ostee wartet – auch im Winter

Der eine oder andere ist beim Lesen bestimmt ganz schön in Weihnachtsstimmung gekommen. Also nichts wie auf den Weihnachtsmarkt – oder noch besser auf nach Rügen, denn dort könnt ihr in der Adventszeit erleben, was es nirgendwo sonst gibt. Ein kleiner Tipp zu guter Letzt: Schaut doch mal auf dem Weihnachtsmarkt “Engel, Licht & Meer” in Binz vorbei.

Beitragsbild: © Shutterstock, Ina Meer Sommer